Im Magazin Beobachter habe ich einen Bericht über die Hühnerhaltung in der Schweiz gelesen. Ich las den Artikel in der Print-Ausgabe - aber der Artikel ist auch online lesbar: beobachter.ch. Dabei wird klar: In der Schweiz haben es die Hühner im Vergleich zum Ausland besser. Aber das ist ja eigentlich nicht der Massstab, den ich verwenden möchte, auch wenns ganz praktisch wäre. Ich habe mich persönlich mit diesem Thema beschäftigt und mir die Frage gestellt, wie ich meinen Fleischkonsum anpassen muss, damit er kompatibel mit meiner Vorstellung von Tierhaltung ist. Und ja, wir haben einige Dinge geändert und kaufen heute Fleisch anders ein. Kurz: weniger und regionales Fleisch, bewusster einkaufen und das nicht mehr im Supermarkt, sondern im Dorfladen oder beim Metzger. Und nein, leider nicht immer zu 100% konsequent, aber wir versuchens. Ich schätze, dass wir heute weniger Geld fürs Fleisch ausgeben als früher, besseres Fleisch essen und auch etwas fürs Klima tun. Jeder muss aber da den eigenen Weg finden und ich möchte euch jedoch ermutigen: Überlegt euch, wie euer Konsum aussehen sollte, damit er mit eueren Werten und Vorstellungen zu Tierhaltung, Löhnen von Bauern und vielem mehr übereinstimmt. Man kann nicht Wein trinken und Wasser predigen...
Aber zurück zum Experiment mit dem Geflügel: Ich wollte wissen, wie gross die Unterschiede zwischen Schweizer Poulet aus dem Supermarkt und Poulet vom Bauer ist. Das Resultat war sehr erstaunlich. Denn meine These war, dass die Industrie das ganz gut hinkriegt. Aber der Unterschied war tatsächlich riesig.
Hier ein paar Daten zu den zwei Tieren, die wir verglichen haben. Das Huhn von Aschi nenne ich mal Slow Food Huhn - Slow Food ist ja ein Trendwort. Das andere Huhn ist das Masthuhn Ross 308.
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Slow Food Masthuhn |
Masthuhn Ross 308 |
Produzent |
Aschi |
Bell, Coop Tochter |
Freunde im Stall |
10-20 |
bis 27'000 (CH) oder 100'000 (EU) |
Gewicht |
905g |
durchschnittlich 4'431g |
Einstellen bis Schlachtreif |
Etwa 60 Tage |
33-37 Tage |
Zugang zu einer Wiese |
jederzeit |
nie |
Antibiotika |
nie |
Fast sicher |
Preis pro Kilo |
Keine Angabe |
Coop CHF 33.00 pro Kilo |
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Download Handbuch und mehr für Ross 308 |
Freunde pro Quadratmeter Lebensraum |
Keine Angabe |
15 Hühner pro Quadratmeter |
Für das Experiment trennte ich von beiden Hühnern das helle und das dunkle Fleisch. Das helle (Brust, ...) und dunkle Fleisch (Flügeli, ...) habe ich getrennt vakumiert, beschriftet und dann direkt im Wasserbad Sous Vide zubereitet. Ich hatte dabei zwei Wasserbäder mit je einem Sous Vide Stick, ein Bad fürs helle und eins fürs dunkle Fleisch. Darin waren je zwei Beutel, einer mit dem Supermarkt-Geflügel und einer mit dem lokalen Geflügel des Bauern. Das dunkle Fleisch bei einer höheren Temperatur als das helle. Leider weiss ich nicht mehr genau, welche Temperaturen ich gewählt habe. Aber, ich wähle sie jeweils von der App "Sous Vide °Celsius" von Jonas Frei. Jonas hat nach eigener Angabe die Temperaturen nicht einfach in eine App gestellt, sondern die Temperaturen selber getestet. Ich finde, die Temperaturen (und auch der Jonas) fantastisch! Unbedingt mal austesten. Es gibt auch eine App von Betty Bossi, die auch auf dem App von Jonas basiert. Die Temperaturen sind da jedoch etwas konservativer ausgewählt - für meinen Geschmack zu konservativ. Weiter gibt es viele gute Seiten und Apps im Netz wie ChefSteps, die eine gute Quellen für die Auswahl der richtigen Temperatur sind. Sous Vide koche ich mit meinem Anova Sous Vide Stick. Das ist eines der Küchengeräte, welches ich am meisten brauche. Nebst der Kaffeemaschine natürlich...
Das Huhn aus dem Supermarkt lebte wahrscheinlich etwa 30 Tage. Das Huhn vom Bauer lebte etwa 60 Tage - also doppelt so lange. Natürlich merkt man das deutlich. Das Fleisch war "fleischiger" - das Fleisch aus dem Supermarkt schmeckte ziemlich neutral/wässerig. Das Huhn vom Bauer konnte wohl mit seinen ausgebildeten Muskeln sein eigenes Körpergewicht tragen und sich draussen in der Wiese am Hang frei bewegen. Das Industrie-Huhn musste hingegen nicht viel machen - abgesehen von Fressen - und konnte am Ende seines Lebens wohl nicht mal sein eigenes Körpergewicht tragen. Es kriegte alle paar Tage ein anderes Futter, um möglichst schnell Gewicht zuzunehmen. Mehr darüber im Beobachter-Link oben im Beitrag.
Nun, schlussendlich ists Geschmacksache. Ich mag das Fleisch, welches mehr nach Fleisch schmeckte, viel lieber. Wir hatten jedoch auch eine Person beim Experiment mit dabei, die nicht so gerne Fleisch isst und ihr war das Supermarkt-Poulet daher viel lieber. "Da weiss man schon vor dem Reinbeissen, wies schmecken wird. Das mag ich."
Leider findet man lokales Geflügel nicht so einfach... Und dann möchte ich ja noch wissen, wie das Fleisch produziert wurde. In Frutigen haben wir das Vorrecht, einen Dorfladen zu haben. Da gibts Fleisch aus der Region. Die Poulet-Brüstli sind da zwar etwas kleiner, aber der Kilo-Preis ist in etwa gleich wie im Supermarkt. Das Poulet ist aber auch da wohl aus Massentierhaltung. Um genau das Geflügel zu kriegen, welches ich für den Test hatte, muss man schon jemanden kennen. Oder entweder einen Dorfladen oder Metzger in der Nähe haben, wo man weiss, wound unter welchen Bedingungen das Tier gelebt hatte. Beispielsweise beim Metzger im Breitsch (Bern). Oder direkt beim Bauer, so machen wir das auch. Da muss man aber oft eine Kühltruhe haben, damit man das Fleisch dann lagern kann.